Zehn Jahre, nachdem Petra Schmidt die erste Auflage des Buches Ki-Karate. Zur Philosophie von Ki, Karate und Kampfkunst veröffentlicht hat, hat sich die Übungsmethode Ki-Karate zu einem festen Bestandteil der deutschen Karateszene etabliert. Nicht nur das, von Beginn an fest integrierte, Modul Ki-Karate innerhalb der Ausbildung der Karatelehrer zeugt davon.
Was ist geschehen im letzten Jahrzehnt? Welche Verbindungen zu anderen Methoden und Stilrichtungen gibt es? Wohin hat sich diese Art und Weise Karate zu vermitteln weiterentwickelt?
Was denken Karateka heute über Ki im Karate? Wie ist der wissenschaftliche Stand zu «Ki»? Das sind die Fragen, die die Autorin und Herausgeberin in diesem Buch aufgreift. Herausgekommen ist ein 336 Seiten starkes Werk, eine bunte Mischung aus Interviews mit hochrangigen Karate-Experten der vier großen Stilrichtungen, philosophischen und autobiografischen Texten unterschiedlichster Karateka sowie einem ausführlichen wissenschaftlichen Beitrag über «das Paradoxon Ki». Ki-Karate. Eine erfolgreiche Bewegung ist ein echter Schmöker mit klarem Layout und charmanten Illustrationen.
In den Interviews kommen zu Wort: Fritz Nöpel, Carlos Molina, Uwe Hirtreuter und Efthimios Karamitsos. Beiträge gibt es unter anderem von Dr. Axel Binhack und der früheren Weltmeisterin und erfolgreichen Kumite-Landestrainerin Anette B. Christl. Das Vorwort hat der Univ. Prof. Dr. Matthias von Saldern geschrieben. Darin heißt es:
«Eines wird an vielen Stellen deutlich: Ein neues Konzept führt erfolgreich zu einem Nachdenken über das, was man teilweise schon jahrzehntelang betreibt. Gerade die älteren Autoren zeigen eindrucksvoll, dass es sich lohnt, immer weiterzulernen und sich nicht auszuruhen. Dazu gehört auch ein Sich-infrage-Stellen, was manchmal Mut erfordert, aber unerlässlich ist für die eigene Weiterentwicklung.
Viele neue Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben so das Karate vorangebracht, das Verstehen vertieft. Erst machten wir Kata als reinen Ablauf von Techniken ohne Sinn, dann kam Bunkai und wir wussten, was wir taten. Plötzlich entdeckten wir die Würfe im Karate (nage waza) oder die Klebenden Hände (kaki’e). Das Karate selbst hat sich nicht grundlegend verändert, aber das Verständnis dessen, was wir tun. Ich denke, die Beschäftigung mit Ki leistet genau das. Wir werden Karate wieder ein wenig mehr verstehen. Das Bewusstsein wird geschärft.
Was ist denn nun eigentlich Ki? Ich bin nicht so vermessen, eine Antwort auf diese Frage zu geben. Aber es muss irgendetwas mit Bewegung zu tun haben. Alles, was man inzwischen aus der Psychomotorik kennt, stützt die Erkenntnis der alten Meister: Die Technik (waza) verbindet Geist (shin) und Körper (mi oder tai). Vielleicht kommt hier etwas zusammen, was durch den Philosophen Descartes getrennt wurde. Körper und Geist (res extensa – res cogitans) werden wieder als Einheit verstanden.
Und daher kommt auch unser Blick in den Fernen Osten, in dessen Gedankenwelt man diese Trennung so nicht kannte. Ist es nicht typisch westliches Denken, alles analysieren zu wollen?
Müssen wir eigentlich die Frage stellen, was Ki ist? Die Silberrücken im Karate kennen noch die japanischen Trainer aus der Anfangszeit, die nie etwas erklärten, sondern nur eine Bewegung
vormachten. Aber solche Fragen sind uns offenbar ein Anliegen. Als man noch nicht wusste, wie Gewitter entsteht, glaubten unsere Vorfahren an Thor, der mit seinem Wagen donnernd und grollend über die Wolken fuhr. Wir suchen immer nach einer Erklärung. Brauchen wir überhaupt eine Erklärung? Kann man Karate eigentlich ohne Ki machen? Ich glaube nicht, aber dazu braucht man nicht zu wissen, was Ki eigentlich ist. Das klingt nun provokant, aber wer kann erklären, warum ein Fahrrad nicht umfallt, wenn man in die Kurve geht? Ich kann zwar ohne umzufallen mit dem Fahrrad in die Kurve gehen, aber ich weiß nicht, warum es sich so verhält.»
Dieses Buch bietet sowohl erste Rückblicke und Erfahrungen aus zehn Jahren Ki-Karate in Deutschland als auch eine Einladung zum Nachdenken, Neudenken und Andersdenken. Nach wie vor ist das Anliegen von Petra Schmidt, den Begriff Ki vom Geheimnisvollen zu befreien. Sie möchte ihn vielfältiger und pragmatischer fassen. Ihre Suche nach dem Ki im Karate wird mit diesem Buch weiter intensiviert. Dabei ist sie sich bewusst: «Weisheit und Demut vertragen sich nicht mit Eile. Kunst ist für das ganze Leben.» (Jordi J. Serra)
Dieses Buch ist wie alle Ki-Karate Bücher im Werner Kristkeitz Verlag erschienen und zu einem Preis von 19,80 Euro direkt bei Dr. Petra Schmidt zu beziehen: ps@ki-schule.com
Bislang erschienen:
- Petra Schmidt (2007, 2012): Ki-Karate. Zur Philosophie von Ki, Karate und Kampfkunst. Kristkeitz Verlag.
- Petra Schmidt / Tanja Mayer (2012): Ki-Karate. Vorbereitung, Ki-Übungen, Karate-Techniken. Kristkeitz Verlag.
- Petra Schmidt (Hrsg.) (2017): Ki-Karate. Eine erfolgreiche Bewegung. Kristkeitz Verlag.