Was ist Ki im Karate?
Vom Nutzen der Leere
Dreißig Speichen treffen die Nabe.
Die Leere in der Mitte macht das Rad.
Ton formt man zu einem Krug.
Die Leere in der Mitte macht das Gefäß.
Türen und Fenster bricht man in Mauern.
Die Leere in der Mitte macht das Haus.
Darum:
Die Form entsteht aus dem Sein.
Die Verwendung aus dem Nicht-Sein.
(Laotse, Tao Te King)
Dieses Einswerden oder vollständige Aufgehen in einer Karatebewegung oder einer anderen Tätigkeit wird auch als „Flow-Zustand“ bezeichnet. In den 50er Jahren wurde im Zusammenhang mit der Spieltheorie ein Konzept formuliert, für welches „das völlige Aufgehen in der Tätigkeit“ als Merkmal galt. Später wurde in der Glücksforschung, anhand von Beobachtungen verschiedenster Tätigkeiten, wie Extremsport, Tanzen oder Arbeit in der Chirurgie, diese Theorie über den Flow-Zustand weiterentwickelt.
Folgende Merkmale hat der Wissenschaftler Mihály Csíkszentmihályi, emeritierter Professor der University of Chicago, als charakteristisch für Flow-Momente bezeichnet: klare Zielsetzungen, volle Konzentration auf das Tun, das Gefühl der Kontrolle der Tätigkeit, Einklang von Anforderungen und Fähigkeiten, weder Angst noch Langeweile und scheinbare Mühelosigkeit. Dies sind die Momente, in denen „es mich“, als Philosophin, „schreibt“. Tänzer kennen Momente, in denen „es sie tanzt“ und Maler, in denen „es sie malt“. Karateka kennen Momente, in denen „es sie karatet“.
Die eher „westliche“ Flow-Theorie zeigt auffällige Ähnlichkeiten mit der „östlichen“ chinesischen Philosophie des Wu Wei 無為, dem „handelnden Nicht-Handeln“. Dieser Begriff wurde in der Schrift von Laotse, der Gründerschrift des Daoismus, dem Tao Te King, erstmals erwähnt. Dort heißt es: „Das Nachgiebige überwindet das Starre. Das Formlose durchdringt die Form. Deshalb weiß ich: Wirken entsteht durch Nicht-Tun.“ Wu Wei bezeichnet einen Zustand der Mühelosigkeit und eine Geisteshaltung des Nicht-Eingreifens: „[…] und die Welt ordnet sich von selbst.“ Dazu braucht es den Mut, loszulassen und geschehen zu lassen. Dahinter steht die Annahme, dass die wesentlichen Dinge von allein geschehen: „Das Tao handelt nicht, doch nichts bleibt ungetan.“
Unsere Aufgabe ist es, dem zu folgen und den Lauf der Dinge möglichst nicht zu behindern. Aus vielen Kampfkünsten kennen wir das. Wir sollen überflüssige Bewegungen und überflüssiges Anspannen unterlassen und nur die notwendigen Muskeln einsetzen. Dieses vollständige Aufgehen in einer Bewegung, was hat das mit Ki im Karate zu tun?
Vam 30.9. bis 4.10. findet wie jedes Jahr der Kurs Ki-Karate & Ki-Kumite mit Petra Schmidt & Anette
Und hier kommt ihr direkt zur Anmeldung: https://www.karate-sommer.de/anmeldung-2019/